Teil II
LIED
A. Flöhr
Schattenmann
Jetzt sitzt du hier, gefangen, du stammelst und du flehst
Du erzählst vom Schattenmann in dessen Dunkelheit du stehst
Und du erzählst von jenem Tag vor 30 Jahren
Als nach der Schule neben dir ein Auto kam gefahren
Du schreist im Schlaf und fürchtest dich vor dem Mann darin - im Schatten
Deine Eltern halfen nicht, da sie dich nie lieb hatten
Gingst du mit ihm für Schokolade - oder zerte er dich fort?
Für lange Tage warst du dann an diesem grauenvollen Ort
Jahre später spürst du ein seltsames Verlangen
Der Schattenmann saß tief in dir, er war niemals gegangen
Und es kam der erste Tag, du fühltest dich allein
Du hattest nur dies eine Bild, ein Kind musste es sein
Der Schattenmann, er wuchs, gedieh, er breitete sich aus
Und jedes mal und immer wieder brach er aus dir heraus
Jedes mal sagtest du nur - die Schuld liegt nicht bei dir
Man fing dich erst beim achten mal, darum nur sitzt du hier
Der Schattenmann lebt nun in jedem von den acht
Er grinst und lacht, er triumphiert, zwingt jeden in die Nacht
Doch du nun hier, nun vor Gericht, du bettelst, bittest, stellst dich dumm
Wehrt in dir auch nur ein Funken Ehre - dann brächtest du dich um
Feuerball
Vor langer Zeit geboren - trugt ihr das Schwert schon in der Hand
Vor langer Zeit erblindet - verwüstet ihr das Land
Mit dem Schwert in der Hand - nehmt ihr was euch gefällt
Mit dem Schwert in der Hand - erobert ihr die Welt
Vor blinder Blutgier getrieben verehrt ihr nur die Macht
Aus Angst vor euch selbst versteckt ihr euch in finsterer Nacht
Sicher in den Bunkern zählt ihr euer blutiges Geld
In eurem eisenharten Griff stirbt die ganze Welt
Doch ihr Menschen erzittert - der Rachegott erwacht
Doch ihr Menschen erzittert - hier endet eure Macht
Eure Rasse ist erkrankt - eure Ära schon vorbei
Schon mordet ihr euch in den Straßen und lacht dabei
Die neue Pest von euch entfacht
Tausende sterben in der Nacht
Die große Flut von euch entfacht
Will sterben in der Nacht
Wenn der letzte Mensch erstickt am Geld
Erst dann gerettet ist die Welt
Tag 8136
Gefangen - gefangen im eigenem Leib
Nichts hier kann Hoffnung oder lachen geben
Die Luft um mich erstickend heiß
Jeder Atemzug als ob ich selbst mein Herz zerreiß
Und doch bleibe ich zurück in der Hölle des täglichen Wahnsinns
8136 Tage schon treibe ich dahin
Ohne Hoffnung, ohne Ziel und ohne Sinn
Ich suche eine Tür, will aus dieser Welt entfliehen
Den Schlüssel habe ich gefunden, er schien mich anzuziehen
Ein Stückchen Glas, die Kante scharf - der Schlüssel war perfekt
Ich stürze in die finstere Gruft, der Fall ist unaufhaltsam tief
Ich schwebe neben mir, sehe zu, es schien, als ob ich etwas rief
Ich höre den Aufprall und spüre leichten Schmerz
Mein Leben schwebt langsam an mir vorbei
Mein Blut strömt aus - ich bin endlich frei
Erwachen
Der eine Gott muss untergehen
So können die anderen auferstehen
Er hält sein Volk in Leid und Not
Dem Christen Gott gebührt der Tod
Sein Volk ist schwach, wir werden siegen
Sie sollen tod in ihren Kirchen liegen
Sie beten nur zum Gott der Lüge
Auf das er sie erneut betrüge
Erwachen soll das Volk der Nacht
In ihnen wohnt die dunkle Macht
Die alten Götter sind erschienen
Die Huldigung gebührt nur ihnen
Die Christenreligion, sie soll verfallen
Ihr letztes Gebet im Wind verhallen
Die Christenära, sie soll enden - wenn das alte Volk erwacht
Und wir werden Feuer zünden - in der falschen Kirche Pracht
Der Gott muss stürzen, ihre Reiche fallen - es beginnt die lange Nacht
Nur ein Meer aus Blut soll künden - von der letzten großen Schlacht
Nimm 2
Zwei Kräfte zerren wild an meinem Geist
Beide immer stärker - bis er zerreißt
Das eine Ich sucht festen Halt im Leben
Das andere will sich der wilden Flut ergeben
In meinem Kopf wächst verzweifelt ein Labyrinth
Dem schon lange mehr kein klarer Gedanke entrinnt
Ich bin in zwei Hälften gespalten worden
Eine wohnt im Süden, die andere im Norden
Meine Gedanken verfolgen sich selbst im Kreis
Es gibt Tage, an denen ich meinen eigenen Namen nicht weiß
Vor langer Zeit in zweisam einsamer Nacht
Der Kampf in mir um mich selbst entfacht
Zwei Stimmen schreien mir Befehle zu
Bei Tag und Nacht habe ich nie Ruh
Keine Seite kann jemals siegen
sie werden sich gnadenlos ewig bekriegen
Zwei Wesen führten den totalen Krieg in mir
Sie teilten sich weiter und aus ich wurde wir
Auf dem Schlachtfeld im Schlamm sind meine Wünsche begraben
Mit ihnen ging die Hoffnung, die sie mir gaben
In den Trümmern mein Verstand erschlagen liegt
Ich habe es geschafft, habe mich selbst besiegt
Allein sitze ich im verschlossenen Zimmer
Allein mit den anderen - für immer
Immer wieder hier
Spürst du noch in mir, den alten grauen Mann,
Der gegen die Kirche rebellierte, die ihn verbrannte dann?
Spürst du noch in mir, die Frau, sie lag geschändet,
In einer Nacht aus Schmerz, die scheinbar niemals endet?
Ich werde neu geboren nach jedem alten Tod.
Die Menschen sind nur beständig in ihrer eigenen Not.
Siehst du noch in mir, den stolzen jungen Held,
Von falschen Freunden verkauft, für stinkendes Geld?
Siehst du noch in mir, den Sklaven in Ketten,
In der Arena gefallen, für arrogante Wetten?
Ich war schon so oft hier und ich werde es wieder sein
Ich muss immer wieder sterben, denn die Menschheit ist nicht rein.
Hörst du noch in mir, das Wimmern des Kindes,
Von den Eltern verstoßen, in die Kälte des Windes?
Hörst du noch in mir, den Schmerzensschrei der Frau,
Von Granaten zerrissen, im Regen kalt und grau?
Ich war zu oft hier, zu jeder Zeit dabei.
Erst wenn die Menschen sich ändern, erst dann bin ich frei
Evolution
Du kamst aus dem Schatten und dem Nebel der Zeit.
Du bist deinen Weg gegangen, du gingst ihn zu weit.
Du hattest keine Freunde - du hast dich selbst besiegt.
Dir war diese Welt gegeben, die nun in Trümmern liegt
Wann hast du das Blut geleckt?
Wann hast du das Gold entdeckt?
Wann hast du die Religion gemacht?
Wann hast du das Feuertier entfacht?
Wann hast du den ersten Mord gewagt?
Wann hast du dein eigen Fleisch gejagt?
Wann begannst du deinen letzten Krieg?
Wann hast du vergessen dann den Sieg?
Wann starb der letzte Mensch?
Dir war alles gegeben - warum hast du versagt?
Du konntest dir selbst helfen - warum hast du geklagt?
Du konntest doch denken - warum warst du verwirrt?
Dir standen alle Wege offen - warum hast du geirrt?
Sieh in dich, in die Dunkelheit.
Wo nur die Nacht still um dich weint.
Sieh in dich, in dieses Meer aus Blut.
Als ein Tier entfacht die Glut.
War dies dieser erste Tag,
An dem der Geist sich vorwärts wagt?
Begann mit dem Entzünden des Feuers dein Weg der Lüge?
© Andreas Flöhr 2000